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Symbolbild für Motivation

Motivation! Wie schön wäre es, wenn wir alles, was wir uns vornehmen, motiviert anpacken könnten. Es würde uns locker und leicht von der Hand gehen, wir hätten Freude dabei, würden morgens mit Schwung in den Tag starten und zusätzlich natürlich auch noch Bestleistungen erzielen.

Doch die Realität sieht anders aus. Leider.

Das Problem mit der Motivation

Sie ist da, wenn keine Zeit dafür ist. Sie zeigt sich für Sachen, die gerade nicht dran sind. Und sobald man etwas soll, ist sie sowieso über alle Berge – zumindest für manche von uns.

Wollen wir etwas ohne Motivation bewerkstelligen, so benötigen wir Unmengen an Willenskraft. Das ist enorm anstrengend – und manchmal sogar unmöglich. Sind wir hingegen motiviert, kostet uns die Arbeit keine Kraft, sie kann uns sogar zusätzliche Kraft schenken.

Wenn nicht alle Anteile in dir das gleiche wollen

Eigentlich ist etwas ganz einfach: Man will etwas, also macht man es. Doch schon über Thema „Wollen“ können ganze Bibliotheken gefüllt werden. Es ist keinesfalls so, als würden alle deine inneren Anteile im Gleichschritt dem Ruf des Kommandanten folgen. Sie alle haben ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Bedürfnisse. Während du dir ganz vernünftig denkst, dass du jetzt unbedingt ein paar Zeilen für die Hausarbeit schreiben musst, hätte ein anderer Anteil in dir gerade viel mehr Lust auf der Couch zu sitzen, Eis zu essen und den neuesten Science-Fiction-Blockbuster zu gucken.

Beide Bedürfnisse sind berechtigt. Die Frage ist: Mit welcher Aktion nutze ich in diesem Moment meine Zeit am besten? Nicht immer muss es die Arbeit sein. Das Leben besitzt auch andere Facetten und alle müssen im Einklang miteinander stehen, damit wir den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen können. Wenn wir ehrlich mit uns sind, so liegt der beste Nutzen manchmal darin, eine Pause zu machen.

Die inneren Anteile in dir auf Kurs bringen

Soll oder „muss“ es doch die Arbeit sein? Die meisten Menschen nutzen hierfür eine wenig ausgefeilte Strategie, die sehr viel Energie kostet. Sie „bulldozen“ über den Anteil, der etwas anderes als Arbeiten möchte. Er wird gewaltsam zum Schweigen gebracht, vielleicht sogar abgewertet. Der Mensch fängt an, seine Bedürfnisse zu unterdrücken, bis sie ihm nicht einmal mehr bewusst sind. Zwar funktioniert diese Technik, doch öffnet sie Tür und Tor für ein Leben im Ungleichgewicht und wir verlieren den Zugang zu uns selbst.

Was also tun?

Unser Ziel ist es, die inneren Anteile auf Kurs zu bringen. Dafür ist es wichtig, jedes Bedürfnis als legitim und wichtig anzuerkennen – und ihm den Raum zu geben, den es braucht. Dafür ist es wichtig zu wissen, was genau uns motiviert. Das ist für jeden Menschen unterschiedlich, doch es ist in jedem Fall hilfreich, seine ganz persönliche Tendenz zur intrinsischen oder extrinsischen Motivation zu kennen.

Intrinsische und extrinsische Motivation

Menschen, die primär extrinsisch motiviert sind, konzentrieren sich in erster Linie auf die Konsequenzen, die eine Leistung mit sich bringen kann, wie beispielsweise Schulnoten, Geld, Anerkennung der Bezugspersonen, etc. Aus diesem Grund wird die extrinsische Motivation auch passenderweise „Leistungsmotivation“ genannt. Der Handlungsprozess gerät damit in den Hintergrund, aus ihm wird keine oder wenig Freude geschöpft. Der Hauptanreiz liegt im erhofften Ergebnis.

Die intrinsische Motivation kommt dabei völlig ohne äußere Anreize aus: Die Tätigkeit wird aufgenommen, weil sie die Beschäftigung mit dem Sachverhalt aus sich heraus Freude bringt. Dominierende Motive sind die Wissbegier und das Erkenntnisstreben. Es steht der Prozess im Vordergrund, weniger das Ziel, deswegen wird sie auch „Tätigkeitsmotivation“ genannt. Hier kann der Lösungsprozess kreativer und freier erfolgen. Die Aufgaben werden nach Gesetzmäßigkeiten durchforstet und bietet damit die Möglichkeit zur analogen Anwendung der gefundenen Lösungswege auf künftige Problemstellungen. Das ist ein Vorteil gegenüber den überwiegend extrinsisch motivierten Menschen, die oftmals stärker auf die Aufgabe an sich fixiert sind und damit weniger freie Gedanken formen können (dafür mitunter aber auch zielstrebiger sind).

Die Rolle der Tätigkeitsmotivation in unserer Gesellschaft

In unserem gesellschaftlichen System kommt man, zumindest anfänglich, als leistungsmotivierter Mensch besser zurecht, als wenn man eher tätigkeitsmotiviert agiert. Hierzu sei gesagt, dass kaum ein Mensch leistungs- oder tätigkeitsmotiviert in Reinform ist, wir sprechen hier lediglich über Tendenzen zu der einen oder anderen Seite.

Für die Arbeit werden Belohnungen oder Bestrafungen eingesetzt, um vom Individuum das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Wer in diesem System mitspielt, kann sich – bei Erfolg – zwar über finanzielle Vorteile und die gesellschaftliche Anerkennung erfreuen, doch es fehlt langfristig an der Fähigkeit echte Expertise aufzubauen. Zudem ist das Selbstkonzept hochgradig auf äußere Bestätigung angewiesen. In meinem letzten Artikel bin ich bereits ausführlich auf die Thematik Kausalattribuierung (die Frage, auf welche Faktoren Erfolg und Misserfolg zurückgeführt werden) und die Auswirkungen auf das Selbstkonzept eingegangen (hier findest du den Artikel).

Hochbegabte weisen meist von sich heraus eine hohe Tätigkeitsmotivation auf, sofern sie diese leben dürfen. Bereits in der Grundschulzeit kommt es nicht selten zu einem Konflikt zwischen der individuellen Anstrengungsbereitschaft und der Forderung des Lehrers, das zu machen, was der Lehrplan vorgibt und in der Geschwindigkeit, die den Durchschnitt der Klassengemeinschaft widerspiegelt. Wenngleich diese Forderung aufgrund unseres aktuellen Schulsystems verständlich ist, so kann sie für den Hochbegabten ein Desaster sein.

Während er sich vorher frei in allen Wissensgebieten entfalten kann, muss er sich nun bremsen. Die Lerngeschwindigkeit wird angepasst, die Herausforderung sinkt. Langfristig kann es zum störenden Verhalten im Unterricht, zu äußerlicher Anpassung bei innerer Unzufriedenheit (insbesondere bei Mädchen), zu sozialem Rückzug, psychosomatischen Störungen, Depressionen, Ängsten und auch zu weitreichenden Motivationsstörungen und mangelndem Interesse an Arbeits- und Lerntechniken kommen.

Die Folgen der Unterforderung bis hin zum Underachievement. Angelehnt an Lehwald, Gerhard: “Motivation trifft Begabung”, S. 72, Hogrefe Bern 2017

Diese Folgen können sich durch das gesamte Leben ziehen und dafür sorgen, dass der betroffene Hochbegabte nie richtig in der Lage ist, sein Potenzial auszuleben. Was für eine Verschwendung von Lebensglück! Sich aus diesem Zustand herauszuarbeiten, benötigt viel Zeit und Energie. Oftmals wissen die Betroffenen gar nicht, dass die Ursache ihrer Probleme in der Unterforderung liegt, die so weitreichende Konsequenzen durch das Leben zieht. Wenn man bedenkt, dass diese Menschen ursprünglich alles mitgebracht haben, um mit einer großen Freude und Begeisterung tätig zu werden, ist diese Entwicklung mehr als bedauerlich.

Die optimale Anforderung

Auch wenn es nicht einfach ist, bereits entstandene Motivationsstörungen zu behandeln, so ist es nicht unmöglich. Der Weg führt über die Tätigkeitsmotivation, mit der eigene Interessengebiete stabilisiert werden. Aus der intrinsischen Motivation heraus können wir sogar in den von dem tschechischen Psychologen und Glücksforschers Mihály Csíkszentmihály beschriebenen Flow-Zustand kommen.  

In diesem Zustand wird eine völlige Versunkenheit, wenn nicht sogar Verschmelzung mit dem Lerngegenstand/ der Tätigkeit erlebt. Man muss sich nicht willentlich konzentrieren, die Konzentration kommt wie von selbst. Trotz voller Kapazitätsauslastung wird die Tätigkeit als kontrollierbar erlebt, es herrscht Ordnung im Bewusstsein. Die Beschäftigung mit dem Thema bereitet einem Freude, die Umwelt wird vergessen, manchmal sogar das Essen und Schlafen.

Um in diesen Zustand zu kommen, ist eine Balance zwischen der Anforderung und der Fähigkeiten auf hohem Niveau notwendig. Die Handlungsanforderungen müssen klar und interpretationsfrei erlebt werden, sodass alle Energie in den Schaffensprozess gegeben werden kann.

Für den Flow-Zustand benötigen wir die optimalen Anforderungen, die zu unseren Fähigkeiten passen müssen. Abbildung angelehnt an Csíkszentmihály, M.: Flow. Das Geheimnis des Glücks, S. 107, Klett-Cotta, 14. Aufl. Stuttgart 2014

Die Leistungsmotivation zeigt uns das Ziel

Die Tätigkeitsmotivation hilft uns im Prozess. Eine zu starke und alleinige Fokussierung auf die Tätigkeitsmotivation kann jedoch dazu führen, dass wir ziellos werden und irgendwann dann doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit unseres Schaffens aufkommt. Hier kommt dann die Leistungsmotivation ins Spiel: Sie zeigt uns, wo es hingeht und gibt uns ein Ziel. Mit der gehörigen Portion Vorfreude auf die Zielerreichung macht letztendlich der Prozess – sofern diesem noch genügend Freiheiten zur Verfügung stehen – noch mehr Spaß.

Doch nun kommen wir wieder zu einer weiteren Schattenseite der Leistungsmotivation: Sie öffnet Tür und Tor für leistungsbezogene Ängste. 

Mit Ängsten und Selbstzweifeln umgehen

Bist du von leistungsbezogenen Ängsten betroffen, so lass dir eines sagen: Du bist nicht allein. Absolut nicht. So geht es unglaublich vielen Menschen, auch wenn sie es sich nicht anmerken lassen wollen. In einem gesunden Ausmaß ist daran auch nichts verwerflich, es kann sich sogar positiv auf die Leistungsmotivation auswirken. Doch im Übermaß mindern Ängste die Lebensqualität erheblich und lähmen den Lernprozess.

Fehlt es an Selbstvertrauen in Bezug auf die Leistungserbringung, ist es enorm wichtig, eine korrekte Einschätzung der Ursachen für den Erfolg/Misserfolg vorzunehmen. Zu den häufigsten Schwierigkeiten gehört eine fehlerhafte Kausalattribuierung. An dieser Stelle kann eine fundierte Beratung einer Fachperson, die sich auf Hochbegabung spezialisiert hat, enorm hilfreich sein.

Viele von uns haben Angst vor der Bewertung. Nicht selten sind wir selbst unsere größten Kritiker. Oft, um den Urteilen anderer zuvor zu kommen und uns so davor zu schützen.

Die eigenen Motive finden und nutzen

Kaum jemand von uns kann in seinem Leben ausschließlich das machen, was ihn von innen heraus motiviert. Und wenn es nur um die Frage geht, ob man gerne das Geschirr spült oder eben nicht. Für die einen Bereiche fällt uns die Motivation einfach zu, für die anderen müssen wir um sie kämpfen. Eine hilfreiche Methode ist dabei das Reframing, d. h. die Aufgabe bekommt einen neuen Bezugsrahmen hinsichtlich der Motive.

Wir sind alle getrieben von Motiven, die uns selbst oder anderen in irgendeiner Weise nutzen. Manchmal harmonieren sie mit der gestellten Aufgabe. Manchmal nicht.

Kommen wir nun um die Notwendigkeit einer Leistungserbringung nicht herum, die uns auf dem direkten Weg aus sich heraus keine Freude bereitet, so lohnt es sich, sich folgende Frage zu stellen:

“Was an dieser Tätigkeit bringt das Potenzial mit, mir Freude zu bereiten?”

Beispiel: 
Ein Jurastudent findet die Inhalte der Rechtswissenschaften eigentlich total langweilig, muss sich aber, um einen Abschluss in diesem Fach zu erwerben, nun mühsam auf das Staatsexamen vorbereiten. Die Tätigkeitsmotivation in Bezug auf den Lerngegenstand greift also nicht, allerdings die Leistungsmotivation, das Studium abzuschließen.
Was könnte ihm das Lernen selbst erleichtern? Nehmen wir an, er fühlt sich im akademischen Umfeld total wohl und genießt es, in der Bibliothek zu sitzen und die Lernatmosphäre in sich aufzusaugen. Außerdem bereitet es ihm Freude, die Systematik des Rechtssystems zu erfassen und sich sprachlich besonders galant auszudrücken. 

Ein anderes Beispiel: 
Eine junge Informatikerin findet es total nervig ihre Blusen zu bügeln. Es ermüdet sie, doch will sie es tun, um am Arbeitsplatz als elegant und kompetent wahrgenommen zu werden. Während sie der Tätigkeit selbst wenig abgewinnen kann, genießt sie jedoch nach einiger Zeit die meditative Gedankenleere, die nach und nach in eine Entspannung überführt, sodass sie von ihrem Arbeitstag abschalten kann.

Hier bügelt ein Mann

Sich selbst ernst nehmen

Wichtig ist dabei, seine eigenen Widerstände zu erkennen und anzuerkennen. Wenn wir eine Tätigkeit total abstoßend finden, so hilft es uns wenig, wenn wir uns von nun an sagen: “hey, ist doch gar nicht so schlimm, das macht doch total Spaß”, wenn das nicht wirklich unserer inneren Wahrheit entspricht. Damit “bulldozen” wir wieder über unsere eigenen Bedürfnisse, was langfristig wenig hilfreich ist, da es sich einfach nur nach Selbstbetrug anfühlt. 

Erkenne stattdessen die Realität an, dass du etwas so richtig blöd findest. Das ist ok. Stelle dir dann die Frage, warum du es dennoch tun möchtest und welcher Nutzen sich für dich daraus ergibt. Nun wägst du ab: Ist der Nutzen kleiner oder größer als deine Abneigung gegen die Tätigkeit? Wenn die Bilanz einigermaßen ausgeglichen ist, so stelle dir die oben aufgeführte Frage, was an dieser Tätigkeit dir Freude bereiten kann. 

Widerstände aufgeben und loslassen lernen

Manchmal kommen wir an den Punkt, an dem zwar den Nutzen gegenüber unserer Abneigung überwiegt, unsere Abneigung deswegen aber kein Stückchen kleiner wird und auch das Reframing nicht funktioniert. Hierzu möchte ich noch zwei Dinge sagen:

1. Es ist völlig ok, etwas blöd zu finden. Wir können es bis in alle Ewigkeiten blöd finden und uns jedes Mal über diese Aufgabe ärgern. Das ist völlig legitim und in Ordnung (zumindest sofern dein Umfeld mit deinen Emotionen umgehen kann).

2. Es gibt Dinge im Leben, die wir nicht oder nur mit sehr viel Aufwand ändern können. Einer der besten Wege damit umzugehen, ist die schlichte Akzeptanz. Damit müssen wir es nicht besser oder schlechter finden. Es ist einfach so. Meine Kindergartenfreundin Luisa gab mir den hilfreichen Tipp: “Einfach nicht drüber nachdenken”, wenn ich schon wieder abwaschen musste. Ich bin überzeugt, dass sie eine weise alte Seele in sich trägt.

Fazit

Wir unterscheiden zwischen der Leistungsmotivation und der Tätigkeitsmotivation. Die Leistungsmotivation fokussiert uns auf die Konsequenzen, die aus der Leistung resultieren. Die Tätigkeitsmotivation steht für die im Prozess innewohnende Freude, durch die wir in einen Flow-Zustand gelangen können, in dem alles wie automatisch funktioniert und größte Glücksgefühle bereithält. 

Motivationsprobleme sind lösbar mit Hilfe unterschiedlicher Methoden. Hierfür biete ich die wissenschaftlich fundierte Potenzialanalyse an, mit der wir gemeinsam schauen können, was die Ursachen deines Motivationsdefizits sind und wie wir diese beheben können, damit du ein Leben führen kannst, das wirklich zu dir und deinen Fähigkeiten passt. 

Du möchtest, dass ich dich auf deinem Weg unterstütze? Schreibe mir gerne eine E-Mail an info@lisamariediel.de

Ich freue mich auf dich!

Literaturverzeichnis

Mehr davon?

Underachievement

Underachievement: Glück, Pech und Zufall – oder doch die Fähigkeiten?

Prokrastination – und wie man sie überwindet