Hochbegabung ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein mit Mythen und Klischees besetzter Begriff. Die sozial unverträglichen und mathematisch hochbegabten Genies, die Nerds, die Wunderkinder. Sicher gibt es auch diese Hochbegabten, doch die meisten passen nicht in dieses Schema.
Dem Konstrukt der Hochbegabung begegnen wir aus zwei Bereichen: Zum einen dem quantitativen Bereich, in dem wir über den Intelligenzquotienten sprechen und zum anderen dem qualitativen Bereich, in dem wir uns die typischen Persönlichkeitsmerkmale anschauen.
Hochbegabung und der IQ
Per Definition sind etwa 2,3 % der Bevölkerung hochbegabt. Das entspricht in Deutschland einem IQ von über 130. Jemand mit einem IQ über 130 gilt als „hinreichend überdurchschnittlich“ und darf sich damit hochbegabt nennen. Doch bedeutet das nicht, dass auf einen Schlag ab 130 die Menschen besondere Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Tatsächlich lassen diese sich schon ab Werten von etwa 115 beobachten (damit wären wir dann bei etwa 15 % der Bevölkerung).
Die Persönlichkeitsmerkmale von Hochbegabten
In der Beratung konzentrieren wir uns auf die Persönlichkeit der Hochbegabten. IQ-Werte sind zwar ein hilfreicher Indikator für die Verortung der eigenen Begabung, doch nicht zwingend notwendig, um sich als hochbegabt zu identifizieren.
Hochbegabte sind natürlich individuell sehr unterschiedlich, doch oft treffen (fast) alle Merkmale zu, wenn auch in unterschiedlicher Intensität:
- Gefühl des Andersseins, „Aliengefühl“
- Hohes Denktempo
- Gutes sprachliches Ausdrucksvermögen
- Abstraktionsfähigkeit und logisches Denkvermögen
- Ausgiebiges Reflektieren
- Freude an kontroversen Diskussionen
- freiwillige Beschäftigung mit anspruchsvollen Themen
- Langeweile und Konzentrationsmangel bei monotonen Aufgaben
- Individualismus und Nonkonformismus
- Sinn für Ironie und absurden Humor
- kreative und künstlerische Fähigkeiten
- ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden
- Erhöhte emotionale Sensitivität
- Perfektionismus, überhöhte Selbstansprüche
- Besonderheit der Sinneswahrnehmung, stärkere Empfindlichkeit der 5 Sinne (sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen)
Warum brauchen manche Hochbegabte Hilfe?
Hochbegabte sind anders. In einer Welt, in der mindestens 85 % der Bevölkerung diese Merkmale nicht aufweisen, sind sie eine Minderheit. Je intensiver die Hochbegabung, umso mehr weichen die Betroffenen in ihrem Erleben von der Allgemeinbevölkerung ab. Häufig verstehen sie sich selbst nicht, weil in ihrem Umfeld Gleichgesinnte fehlen, in denen sie sich spiegeln und verorten können. Hochbegabte sind nicht „normal, nur ein bisschen intelligenter“. Sie haben andere, ganz eigene Bedürfnisse und Ausdrucksarten, die von anderen Menschen oft nicht verstanden werden. So wachsen sie auf in einer Welt, die nicht wirklich für sie „gemacht“ ist. Viele haben schon in frühen Jahren Probleme, ihren Platz in der Welt zu finden und einzunehmen.
Die Beratung kann dabei helfen, die Tragweite der eigenen Begabung zu verstehen, um somit eben diesen Platz in der Welt zu erschaffen, wie er wirklich zu einem passt. Das gilt für den Arbeitsplatz, die “Berufung”, den Alltag, Freundschaften aber auch (und ganz besonders) für die Partnerschaft.
Literaturverzeichnis